Erlebnisführung in Gelnhausen

 

Alle Teilnehmenden dieser erlebnisreichen Stadtführung zum Thema Literatur und Literaten werden Gelnhausen sicher nachhaltig auf dem Schirm haben und die Stadt bei ihren Besuchen mit anderen Augen sehen.

 

 

Gelnhausen und Grimmelshausen mit seinem Schelmenroman sind so eng miteinander verknüpft, dass man unmöglich an ihm vorbeikommt und insbesondere an seinem Geburtshaus von keinem Geringeren als dem ADAC empfohlen wird (kleiner Scherz am Rande - das Schild hängt aber tatsächlich da)

 

Unser Weg führte uns auch zum alten Steinbrunnen - einer mittelalterlichen Brunnenkammer, die wir mit unserer Gästeführerin betreten durften und an deren Anschluss sie uns eine der Sagen vom Mummelsee aus dem „Simplicissimus" erzählte. (Die Brüder Grimm nahmen diese auch in ihre teutschen Sagen auf)

 

 

Auch auf die Courasche, eine Art Gegenrede der Libuschka zum Simplicissimus kam sie zu sprechen. Die Figur  tauchte später in Brechts Bühnenstück "Mutter Courage und ihre Kinder" wieder auf und war zu meiner Zeit Schullektüre - auch bei Grass findet man sie in der Erzählung "Das Treffen in Telgte".

 

Weiter ging`s zu einer der dunkelsten Kapitel in der Geschichte  - der Hexenverfolgung

Der spätmittelalterliche Befestigungsturm diente als Gefängnis während der Zeit der Hexenprozesse, aus dem es kein Entrinnen mehr gab. Durch ein Loch im oberen Teil des Turmes (unten gab es keinen Zugang) wurden die Beschuldigten abgeseilt - man mag sich die grausamen und unmenschlichen Bedinungen in Dunkelheit und Kälte überhaupt nicht vorstellen. In dem oberen Teil befindet sich heute eine Sammlung nachgebauter Folterinstrumente. Das Entsetzten darüber stand in unsern Gesichtern geschrieben und die vorgetragene Ballade vom Erlkönig tat ihr übriges - mir liefen kalte Schauer über den Rücken und ich bekam Gänsehaut.

 

 

Gleich darauf erwartete uns das nächste dunkle Kapitel - die Judenverfolgung

Die ehemalige Synagoge blieb während der NS-Zeit unversehrt, da diese zum Warenlager umfunktioniert wurde, nachdem es noch vor der Reichspogromnacht keine Juden mehr in GN gab. Heute dient sie als kulturelle Begegnungsstätte.

 

 

Künstlerisch findet sich vor dem Eingang eine offene Bronzetür mit drei verschlungenen Ringen in Anlehnung an die Ringparabel in Nathan der Weise von G.E.Lessing - absolut empfehlenswert! Sie steht für Toleranz gegenüber den unterschiedlichen Religionen,

Dialog und Versöhnung

 

Dann gibt es da noch in der Sagenwelt die beiden Versionen von Gela und Barbarossa, die uns unter der Linden (tandaradei) an der Marienkirche vorgetragen wurden und der ich nun eine dritte hinzugefügt habe - zu finden in meiner Anthologie "Literarischer Main-Kinzig-Kreis"

Die Stadtgründung erfolgte überdies genau von jenem Stauferkaiser im Jahre 1170.

 

 

Erwähnung fand natürlich auch Brentanos Märchenroman "Gockel, Hinkel und Gackeleia", die ihr angenehmes Leben in Gelnhausen aufgeben mussten, nachdem sich Gockel, der Hühnerminister des Königs, diesem widersetzt hatte ... So zogen sie nach "Gockelsruh", dem Stammsitz ihrer Vorfahren (die Klosterruine St.Wolfgang diente B. als Schauplatz)

 

Den Abschluss bildete das Gasthaus zum Löwen, in dem der zu einem Mythos gewordene historische Dr. Faust 1506 nächtigte. Er bezeichnete sich selbst als Magister Georg Sabellicus und fand sich nach seinem Tod, und noch vor Goethes berühmten Faust I und II, in etlichen Erzählungen wieder.

(Sein Nachtquartier in GN bezog Goethe selbst aber im Fürstenhof)

Faust trat u.a. als Arzt, Wunderheiler und Alchemist auf, vollführte in GN magische Kunststücke und erstellte Horoskope. Damit war klar, dass er den Unmut der Kirche auf sich zog, die ihn mit dem Teufel im Bunde sah. In der Zeit der Hexenverfolgung kein ungefährliches Unterfangen. Einem Treffen mit Abt Johannes Trithemius entzog er sich wohlweislich.

Zum Mythos wird man schließlich, wenn man unter mysteriösen Umständen ums Leben kommt, so wie Dr. Faust, der sich am Ende beim Experimentieren selbst in die Luft jagte.

 

 

Und dabei habe ich noch längst nicht alles erzählt von dem, was wir erfahren haben.

Abschließend gibt es von mir nochmal ein herzliches Dankeschön an unsre Gästeführerin...

 

Es war so eine großartige, gelungene und erlebnisreiche literarische Stadtführung, die uns allen sehr gut gefallen hat und sicher noch lange in unserer Erinnerung bleiben wird.